Beschreibung
Bei einer gesunden Leber wird das Blut, welches mit Nähr- und Giftstoffen aus dem Magen- und Darmtrakt angereichert ist, über die Portalvene (Pfortader) in die Leber transportiert. Dort wird es gefiltert (d.h. die Stoffe werden teilweise umgewandelt) und gelangt aus der Leber wieder in den Blutkreislauf, wo die verschiedenen Stoffe auf dem Weg über das Herz ihren Bestimmungsorten zugeführt und dort verbraucht, gespeichert oder ausgeschieden werden.
Im Embryonal-Stadium des Hundes wird die Leber durch ein Gefäß (Ductus venosus) überbrückt, da der Blutkreislauf des ungeborenen Welpen über die Placenta mit dem Blutkreislauf der Mutter verbunden ist und deren Leber die Reinigungsfunktion mit übernimmt. Normalerweise schließt sich dieses Gefäß kurz vor oder spätestens 1 - 3 Tage nach der Geburt.
Sofern sich dieses Gefäß nicht schliesst, sondern erhalten bleibt und mit wächst, wird das Blut weiterhin an der Leber vorbeigeführt, so daß diese ihre Entgiftungsfunktion nicht wahrnehmen kann. Dieses Blutgefäss nennt man "Shunt". Da die Leber nicht beansprucht wird, bleibt sie in der Entwicklung zurück. Die Stoffe aus dem Darm gelangen ungefiltert über den Blutkreislauf in den ganzen Körper. Insbesondere das Eiweiss-Abbauprodukt Ammoniak wird nicht wie in einer gesunden Leber zu Harnstoff umgewandelt und kann im Gehirn und im ZNS schwere Schäden anrichten.
Es werden zwei Formen des Shunt unterschieden: der "intrahepatische Shunt", bei dem dieses Gefäß innerhalb der Leber liegt und der "extrahepatische Shunt" bei dem das Gefäß außerhalb der Leber liegt. Kleine Hunde (Toy-Dogs) haben überwiegend extrahepathitischen Shunt, bei großen Hunden liegt überwiegend intrahepathitischer Shunt vor. Es gibt auch Shunt-Erkrankungen, die nicht angeboren sind, sondern im späteren Leben, z.B. Aufgrund einer Lebererkrankung, erworben wurden.
Es wird davon ausgegangen, dass beim intrahepatischen Shunt ein einfach autosomal rezessiver Erbgang vorliegt.
Der extrahepatische Shunt der Kleinhunde folgt einem polygenen Erbgang.
Symptome und Diagnose
Das heimtückische an dieser Erkrankung ist, daß sie sich schleichend entwickelt und die ersten Symtome nicht als solche zu erkennen sind. Sie können bereits in der 7./8. Woche auftreten oder erst nach mehreren Monaten, was auch von der Größe des Shunt abhängt.
Die Welpen sind in der Regel sehr ruhig und ausgeglichen, weniger lebhaft als die Wurf-Geschwister, machen beim Spiel mehr Ruhepausen
schlechte Fresser, Futterverweigerung
sind mager, bleiben in der Entwicklung zurück, Haarwechsel verzögert sich
Die Symptome können einzeln oder gehäuft auftreten und sind nicht eindeutig auf eine Erkrankung zurückzuführen, besonders wenn sie nicht stark ausgeprägt sind. Erst wenn durch die innere Vergiftung Schäden im Gehirn und ZNS verursacht werden, treten massive Symptome auf:
sinnloses zwanghaftes Kreislaufen, torkeln, umfallen, nicht mehr ansprechbar
Nach dem ersten Anschein könnten diese Symptome auch von Gehirnerschütterung, Gehirntumor oder Hirnhautentzündung hervorgerufen sein oder dem Zustand nach einem epileptischen Anfall entsprechen. Die genaue Ursache kann hier nur ein versierterTierarzt oder besser noch eine Tierklinik feststellen.
Bei einer röntgenologischen Untersuchung fällt auf, dass die Leber altersgemäß stark unterentwickelt ist, wodurch sich ein erster Verdacht auf PSS ergibt. Eine Gewissheit bringen aber erst weitere aufwendige Untersuchungen.
Die verschiedenen Untersuchungen und Diagnosemöglichkeiten sind unter den Links nachzulesen, weshalb ich hier nicht näher darauf eingehen will.
Behandlung
Es besteht die Möglichkeit, die betroffenen Tiere bei strenger Diät und medikamentöser Unterstützung zu stabilisieren und weitgehend beschwerdefrei zu halten. Trotzdem ist die Lebenserwartung dann nicht besonders hoch.
Bei jungen Tieren mit angeborenem Shunt empfiehlt sich eine Operation, um das Gefäß zu verschließen. Dies muß aber langsam oder in mehreren Stufen geschehen, damit die Leber die Möglichkeit hat, sich auf den Blutdurchfluß einzustellen und zu wachsen (Näheres siehe obige Links). Durch die Schwierigkeit der Operation ist mit hohen Kosten zu rechnen. Nach Erfolg kann der Hund anschließend wieder ein normales Leben führen.
Ein extrahepathitischer Shunt ist bei einer Operation besser zugänglich und leichter zu behandeln, d.h. der Verschluß des fehlerhaften Gefäßes kann durch langsames Verengen von außen herbeigeführt werden. Wesentlich schwieriger ist es beim intrahepathitischen Shunt, der von außen nicht zugänglich ist und dessen Lage und Größe innerhalb der Leber vor der Operation nicht vollständig festgestellt werden kann. In der Veterinärklinik Giessen wird der Shunt mit einer relativ neuen Methode behandelt, die bisher noch in keiner anderen Klinik in Deutschland angewendet wird. Hierbei wird ein Katheter von der Jugularvene bis in die Leber eingeführt und darüber eine spezielle Spirale eingesetzt, die dann zum langsamen Verschluß des Shunt führt. Die Dauer bis zum vollständigen Verschluß kann von wenigen Tagen bis zu zwei Wochen dauern. Nach einer weiteren Schonzeit, in der weiter strenge Diät einzuhalten ist, kann der Hund anschließend wieder langsam auf normale Ernährung umgestellt werden
Fallbeispiel 1
Deutsche Wachtelhündin
Aus dem Wurf von Hera, gew. 6.3.2002, hatte ich zwei Hündinnen behalten. Die erste hatte ich mir ausgesucht, da sie mir vom Gebäude und stabilen Wesen her sehr gut gefiel, die andere - etwas zierlicher - war quasi übriggeblieben, da ein Welpenkäufer kurzfristig abgesagt hatte. Die erste war immer etwas stärker und forscher, und bis zu ca. 3 oder 4 Monaten entwickelten sich beide altersgemäss.
Dann begann die junge Hündin schlechter zu Fressen, wurde futtermäkelig, blieb relativ mager. Der Grössenwuchs war altersgemäss normal, aber das gelockte Fell wurde stumpf und struppig, während die Schwester glatt und glänzend aussah. Im Verhalten entwickelte sie sich ebenfalls normal.
Ragie mit ca. 10 Wochen
Mit ca. 7 Monaten veränderte sie sich immer mehr, auch im Verhalten. Manchmal fand ich sie im Zwinger, wo sie in das Ausgussbecken hochgeklettert war und nach Fliegen schnappte.
Eines Tages sah ich sie morgens aus dem Hundehaus in den Garten kommen, wo sie auf einmal kreislaufen begann, torkelte, hinfiel, sich aufrappelte und weiter im Kreis taumelte. Ich lief hin, hob sie hoch, aber sie strampelte weiter und war nicht ansprechbar. Ich nahm sie mit ins Haus und irgendwann beruhigte Sie sich wieder.
Ich befürchtete einen epileptischen Anfall. Mein Haustierarzt konnte auch nichts dazu sagen, sondern schickte mich gleich weiter nach Giessen. Dort in der Uni-Klinik in der inneren Abteilung wurde festgestellt, dass die Leber zu klein war und es wurde ein Lebershunt vermutet. Davon hatte ich vorher noch nie gehört. Für weitere Untersuchungen musste Sie dort bleiben.
Nach ein paar Tagen mit gründlichen und aufwendigen Untersuchungen konnte ich sie wieder Abholen. Ja, es war ein extrahepathischer Lebershunt vorhanden. Es gab zwei alternativen: entweder lebenslang strenge Diät oder eine nicht risikolose teure Operation. Aber auch wenn ich mich für eine Op entscheiden würde, musste der Hund zunächst durch Medikamente und strenge Diät stabilisiert werden und die Blutwerte verbessert, sonst käme eine OP nicht in Frage. Wir hatten also noch Bedenkzeit und bekamen einen Termin, wann ich sie zur nächsten Kontrolluntersuchung vorstellen sollte.
Was tun? Die "Altvorderen" hätten so einen "Kümmerer" nicht aufgezogen. Aber ein Hund, der mir über Monate ans Herz gewachsen ist, den kann ich nicht so einfach abtun. Die Diät schlug recht gut an, die Blutwerte verbesserten sich. Das spezielle Diätfutter war so teuer, dass ich in 1 - 2 Jahren mehr ausgeben würde, als die OP kosten sollte. Da wäre doch eine OP die bessere Alternative, zumal dem Hund bei Erfolg ein normales Leben vorausgesagt wurde, während ein ganzes Leben mit Diät und ohne Belastung für einen Jagdhund kein Leben ist. Das kann man auch bei einer nur 70 %igen Überlebenschance riskieren. Der OP-Termin wurde für Dezember angesetzt.
Ragie mit ca. 8 Monaten und struppigem Fell
Ein Intrahepathischer Shunt ist schwierig zu behandeln, da man das Gefäss nicht einfach langsam abklemmen kann. Bei Ragie sollte ein sog. "Coil" eingesetzt werden, der bewirkt, dass sich das Gefäss langsam verschliesst. Dabei muss aber nicht der Bauchraum geöffnet werden, sondern dieser wird über die Halsschlagader eingeführt, wozu nur ein kleiner Schnitt am Hals notwendig ist. Die OP war erfolgreich. Sie blieb zwei Tage auf der Intensivstation unter ständiger Überwachung, wo es auch eine sehr kritische Situation gab. Aber nach ein paar Tagen konnte ich sie abholen. Bis zur nächsten Untersuchung musste sie weiter Medikamente nehmen und immer noch streng Diät halten.
Bei der ersten Nachuntersuchung wurde schon eine wesentliche Besserung festgestellt. Ragie war eine grosse Kämpferin und sonst sicher sehr gesund, dass sie alles so gut überstanden und ausgeheilt hat. Die Nachuntersuchungen kamen in grösseren Abständen und nach etwa einem halben Jahr wurde sie als vollständig geheilt und wieder belastungsfähig beurteilt.
Ragie ca. 9 Monate nach der OP
Gesundheitlich war sie wieder voll hergestellt. In der Wesensentwicklung hatte sie jedoch durch die Lange Krankheit erhebliche Defizite und auch die erste Saison, wo sie jagdliche Erfahrungen hätte sammeln sollen, war vertan, zu einer JP hatte sie nicht antreten können. Als Zuchthund kam sie wegen der Erkrankung ohnehin nicht mehr in Frage. Ich habe sie dann an einen ruhige älteren Jäger abgegeben, natürlich mit Kenntnis der ganzen Vorgeschichte.
Die Hündin wurde später noch geröntgt und mit HD-E ausgewertet. Ich könnte mir aber vorstellen, dass dies auch mit der Erkrankung zu tun hat, da währen der Wachstumsphase der gesamte Stoffwechsel im Ungleichgewicht war.
Fallbeispiel 2
Appenzeller Sennenhunde
Zur Zeit sind mir drei Appenzeller bekannt, bei denen diese Erkrankung auftrat. Nähere Details liegen jedoch z.Zt. nicht vor.
weiterführende Links
Gedanken zur Auswirkung auf die Zucht
Nachdem diese Erkrankung in meiner Zucht aufgetreten war, fühlte ich mich zunächst mit dem Problem alleine gelassen - niemand schien dies zu kennen oder mir Rat geben zu können. Ich begann mich im Internet zu informieren, wo ich vor allem Informationen über PSS bei Kleinhunden fand, aber auch bei Wolfshunden und Hovawart. Nach Kontakt mit einem Hovawart-Zuchtverein erhielt ich die Info, dass man dort von einer Erblichkeit ausgeht und Eltern von erkrankten Hunden aus der Zucht genommen würden.
Ich habe die Zuchtleitung über die bestehende Erkrankung genau informiert. Erwartet hätte ich einen Eintrag in Dogbase (gesicherter Befund) sowie Zuchtsperre für den erkrankten Hund, was aber nicht eingetragen wurde. Man hatte mir geraten, mit einem anderen Partner weiter zu züchten (es war der erste Wurf dieser Hündin).
Nach reiflicher Überlegung (zumal im gleichen Wurf weitere Erkrankungen wie z.b. IOCH, schwere HD aufgetreten waren) konnte ich es vor mir selbst und meinen künftigen Welpenkäufern nicht verantworten, falls es weitere Probleme gäbe und habe die Hündin nicht mehr eingesetzt. Dies bedeutete das Ende meiner bisherigen Zuchtlinie und für den Zwinger eine lange Zuchtpause.
Da ich selbst zwei der erkrankten Hunde behalten hatte und mit-leiden musste, war ich drauf und dran, die Wachtelhunde Zucht ganz aufzugeben.
Zu etwa der gleichen Zeit bekam ich regen Email-Kontakt mit einem Wissenschaftler, der an der Uni Bern zu PSS bei Wolfshunden forschte und der das gleiche Programm benutzte wie ich zu meinen Pedigree Recherchen bei Appenzeller Sennenhunden. Er gab mir hilfreiche Tips, wie man erkrankte Hunde und potentielle Carrier definieren sollte, um nicht über das Ziel hinauszuschiessen. Ebenso nannte er mir ein spezielles Programm zur Pedigree Analyse, Grundbedingung wäre jedoch zunächst, die Hunde akribisch genau zu erfassen.
Bei einem Computer-Absturz gingen alle Emails verloren und waren nichr mehr herzustellen, und auch die mir bekannte Email-Adresse des Wissenschaftlers funktionierte nicht mehr, so dass ich zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr darauf zugreifen konnte, sondern nur aus meiner Erinnerung.
Die Jahre gingen ins Land und inzwischen konnte ich mir mit zwei neuen Hündinnen eine neue Zuchtlinie aufbauen. Die Informationen über die früheren Erkrankungen wurden für mich wieder aktueller, seit ab 2014/2015 die Gesundheits-Diskussion im VDW hochkochten.
Nun habe ich mir die Arbeit gemacht zu einer intensiven Internet-Recherche und bin fündig geworden:
Dr. Silvan Urfer forscht aktuell an der Uni Washington (Kaeberlein Lab)
http://kaeberleinlab.org/people/silvan-urfer
In seiner Doctorarbeit (2007) - also nach unserem damaligen Kontakt
behandelt er u.a. auch PSS beim Irischen Wolfshund.
Er hat die Dissertation auf seiner Website veröffentlicht:
http://wolfhound.ch/Files/PDF/Urfer-Thesis-2007.pdf
Der Text in Bezug auf PSS war für mich hochinteressant und bestätigt die Richtigkeit meiner damaligen Entscheidung, die Hündin aus der Zucht zu nehmen.
Portosystemic Shunt in Wolfhounds is a congenital malformation of the porto-caval blood vessels, leading to gastro-intestinal and neurological symptoms. The condition is hereditary (simple autosomal recessive; see 3.2.3), but the exact mechanism that causes the Ductus venosus to remain open is not known (Meyer, Rothuizen et al. 1995; White, Burton et al. 1998; Ubbink, van de Broek et al. 1998 b; Hunt 2004).
Es wäre zu diesem Zeitpunkt (erstes bekanntes Auftreten von PSS beim DW) ein leichtes gewesen, vorsorglich beide Paarungspartner (die beide Träger sein müssen) für die Zucht zu sperren, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Für die Hündin konnte ich diese Entscheidung selbst treffen. Der Rüde und weitere Brüder (die potentielle Träger sein können) wurden weiterhin eingesetzt.
Ob noch direkte Nachkommen dieser Rüden in der heutigen Zucht aktiv sind, habe ich bis jetzt noch nicht nachgeforscht.
After clarification, it seems that the core of this question is that the person asking would like to know how a PSS incidence of about 3% of puppies can indicate a healthy carrier frequency of about 25 to 30%. I should probably point out that the carrier frequency has been calculated using the measured incidence numbers and not vice versa.
If we take a simple recessive, like e.g. PSS or PCD, and we know that there was at least one affected full sibling, we know that our clinically healthy potential breeding dog has a two thirds risk of being a carrier. In these cases, it is irrelevant how manyother healthy or affected siblings there were, and the breeders can spare themselves the work of researching further siblings for the condition. If there have been no full siblings diagnosed with the disease, other ancestors and related dogs become important. If our potential stud dog has produced a PSS litter, he is a certain carrier, as is the dam of that litter. If there are half-siblings diagnosed with PSS, our potential breeding animal has a 50% chance of being a carrier. And so on, following classical Mendelian inheritance.
3. Aug. 2016